Klaus Dierßen
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Herbert Jahn
Leiter der Bäder

Ich habe die Funktion als Leiter der Bäder in Quedlinburg. Das sind die Badeanstalt mit Hallenbad und das Freibad Quedlinburg und seit 1994 ist das Freibad Westerhausen als Verwaltungsgemeinschaft hinzugekommen. Das ist auch ein altes Bad und dringend sanierungsbedürftig wie das Quedlinburger Freibad auch. Das Hallenbad ebenfalls, aber da läuft demnächst was. Wann das jedoch zum Tragen kommt, steht in den Sternen geschrieben.

Ich bin 1949 aus der Grundschule entlassen worden, habe von 1949 bis 1951 eine Malerlehre hinter mir und habe von 1952 bis 1955 als Malergeselle gearbeitet. 1955 im Mai habe ich das ehemalige Freibad Libertibad die Saison über als Rettungsschwimmer übernommen und habe im Herbst 1955 hier bei der Stadt als Rettungsschwimnmer angefangen. Ich habe dann 1956 meine Schwimmeisterprüfung gemacht, da ich diese Prüfung erst mit dem 21. Lebensjahr ablegen durfte, das war damals eine Regelung. Ich bin dann bis 1969 als Schwimmeister tätig gewesen, bis 1971 als Einrichtungsleiter, ab 1971 bis 1990 Abteilungsleiter, von 1990 an nach der Wende bis zur heutigen Zeit bin ich Leiter der Badeanstalt Quedlinburg.

Ich bin seit dem 14. November 1955 Angestellter, also in diesem Jahr werden das vierzig Jahre.

Geändert hat sich seitdem bis auf kleine Details in der Schwimmhalle nichts. Sichtbar in dem Sinne nichts, außer daß die Umkleidekabinen aus der Schwimmhalle entnommen wurden und aus hygienischen Gründen das ehemalige Brausebad seit 1960 nicht mehr vorhanden ist und die Garderobe in den Keller gebaut wurde. Die Brausebäder waren damals von der Frequenz her stark rückläufig und da war das nicht mehr tragbar.

Die Wannenbäder wurden reduziert auf eine Seite. Es existierten früher zwei Seiten, einmal eine Frauenabteilung und eine Männerabteilung und diese zwei wurden dann ab 1960 auf eine Abteilung zusammengestrichen. Durch das gemischte Wannenbad wurden dann die Räumlichkeiten für die Garderobe und die Duschen als Einbau möglich.

Es ist eine öffentliche Abteilung, aber die ist so stark rückläufig, daß wir uns mit dem Gedanken tragen, die Wannenäder ganz zu schließen. Es lohnt sich wirklich nicht mehr. Wenn wir 1973 noch 15000 Reinigungsbäder im Monat hatten, dann ist das heute auf 200 zurückgegangen. Das ist im Zusammenhang mit den Neubauwohnungen zu sehen, die haben alle eine Duschecke oder ein Wannenbad gekriegt. Und zur Zeit ist wieder ein Ruck drin, der nach unten zeigt. Wir haben nur noch drei Tage öffentlich in der Woche und schon zwei Tage rausgestrichen und ob wir noch einmal zwei Tage rausnehmen und nur noch einen Tag geöffnet haben, das steht nocht in den Sternen. Das muß dann im Herbst entschieden werden. Jetzt kommen nur noch ältere Leute, die in Wohnungen wohnen, die noch keine Bademöglichkeit haben. Die kommen regelmäßig, aber da sterben die Leute jetzt auch langsam aus. Und wenn die Wohnungen dann nicht mehr vergeben werden oder modernisiert werden, dann kommen die Leute eben auch nicht mehr.

Die Schwimmhalle wird für den öffentlichen Badebetrieb genutzt, das sind Schulen, Vereine und es sind auch Behörden drin. Zum Teil nutzen auch die Barmer oder die AOK die Halle für vorbeugende Maßnahmen, also prophylaktisch. Aber hauptsächlich wird die Halle von Schulen und der Öffentlichkeit genutzt.

In den letzten Jahren hat sich natürlich einiges verändert. Wenn ich jetzt mal zurückschaue, ist in den Jahren von 1955 bis heute in der Nutzung der Schwimmhalle durch die Bevölkerung ein Rückgang zu verzeichnen. Früher kannte man das Schulschwimmen oder Vereinsschwimmen in dem Sinne nicht wie es später vonstatten ging. Da stand mehr öffentliche Schwimmzeit zur Verfügung, die eben durch das Schulschwimmen und den Sport reduziert wurde. Zu DDR-Zeiten hatten wir einen Schwimmstützpunkt hier in der Halle – wo regelmäßig talentierte Kinder ausgesucht und an den Schwimmsport herangeführt wurden. Die hatten dann nachmittags von fünfzehn bis neunzehn Uhr die ganze Halle. Wir haben in der Woche normalerweise kein öffentliches Schwimmen mehr gehabt. Nur samstags und sonntags. Also man kann sagen vierzehn Stunden in der Woche, alles andere war nachher nur noch Schule und Sport. Das hat sich nach der Wende wieder etwas gelockert indem wir jetzt Mittwoch und Freitag zwei Stunden öffentlich haben und Dienstag, Mittwoch und Donnerstag abends noch mal zwei Stunden öffentlich. Das ist aber auch nicht das, was man normalerweise für die Öffentlichkeit zur Verfügung haben müßte.

Sicherlich hat die Wendezeit auch mit sich gebracht, daß die Badegäste häufig in den Westharz fahren, wo Erlebnisbäder stehen, die dann genutzt werden und wo Freizeitmöglichkeitern angeboten werden, die wir hier nicht haben. Ich meine so ein Freizeitbad würde sich hier auch anbieten, aber es müßte einen sinnvollen Standort haben. Denn es kann sich nicht Wernigerode, Quedlinburg, Halberstadt und Aschersleben oder Blankenburg so ein Freizeitbad hinsetzen, sondern das müßte dann im Zentrum stehen, wo der Einzugsbereich dann da wäre um das wirtschaftlich zu fahren. Das wäre sinnvoll. Oder wenn eine Stadt das kriegen würde, da ist dann die Kompetenzstreiterei und die Rangelei, da gibt es große Probleme. Jeder möchte es natürlich haben und die Kosten sind ja auch immens. Das könnte kaum keine Stadt alleine tragen.

Also dieses Haus steht unter Denkmalschutz. Wenn es wirklich zu einer Modernisierung kommt, dann nur in dem Rahmen, daß die Räumlichkeit so erhalten bleibt oder alles soweit es geht wieder hergerichtet wird. Also ein Freizeitbad wird dieses Bad nie, das steht fest. Die Räumlichkeiten haben wir gar nicht und zum Anbau fehlt uns auch der Platz. Also es kann nur so erhalten werden wie es jetzt läuft. Und ich sehe auch nur darin einen Sinn, daß das Bad erhalten wird und den Schulen, dem Sport, den Organisationen oder dem medizinischen Bereich zur Verfügung steht. Dann habe ich einen Personalstamm, den ich dann im Objekt einsetzen kann wie es der Bedarf ist. Im Sommer im Freibad, bei miesem Wetter kann man das Hallenbad aufmachen, bei schönem Wetter nicht und nützt dann das Freibad. Wenn hier alles umgebaut ist, die alte Kohleheizung weg ist und eine neue Heizung mit Regeltechnik eingebaut ist, kann man auch Wärmeenergie einsparen. Die Bausubstanz ist nicht schlecht und wäre dann zu erhalten. Einige Dinge müßte man dann wieder in den alten Zustand versetzen, was aber von den Kosten nicht so problematisch ist. So ist der Gedanke für die Zukunft des Hallenbades.

Wir haben hier im Hallenbad 16 Mitarbeiter, die dann in ein neues Bad übernommen werden könnten. Wir fahren ja jetzt auch schon so, daß wir im Sommer das Hallenbad für den öffentlichen Badebetrieb schließen und dann das Schwimmeisterpersonal in das Freibad umsetzen um die Kostenfrage, den Lohn günstiger zu gestalten. Es wäre ja Quatsch, das Hallenbad im Sommer zu fahren. Vor allen Dingen brauche ich ja für das Hallenbad auch eine vierwöchige Wartungszeit um das Becken einmal gründlich zu reinigen, zu desinfizieren, zu überholen und was so anfällt. Das muß in dieser Zeit gemacht werden. Es ist aus ökonomischen Gründe schon so, daß das Personal was im Hallenbad ist in dieser Zeit im Freibad tätig ist.

Alle Mitarbeiter sind das ganze Jahr über beschäftigt. Wenn jetzt die Heizungsumstellung realisiert wird, dann würden sicherlich zwei Arbeitsplätze verloren gehen aber das Schwimmeisterpersonal das ist schon notwendig.

Wir sind ein Zweischichtbetrieb und die Stunden, die am Samstag und Sonntag anfallen, muß man ausgleichen denn Überstunden werden nicht bezahlt. Und da ist dieses Personal schon erforderlich.

Es können dann disziplinarische Maßnahmen auftreten, die man dann einleiten muß, aber der Stamm den ich hier habe, die sind langjährig hier, da gibt es keine Probleme.

 
Hildesheim 2021